Historisches Archiv der Region Biel, Seeland und Berner Jura

Lysser Industrieplanung nach dem Zweiten Weltkrieg

Region / Agglomeration Biel - Seeland - Industrie - Zweiter Weltkrieg




Auenwälder der Alten Aare und magere Grienböden prägten diesen Landstrich bis nach dem Zweiten Weltkrieg. Der Boden gehörte zu zwei Dritteln den Burgergemeinden und Privatbesitzern der Nachbargemeinden Kappelen und Worben. Die Gemeindegrenze verlief quer durch das ehemalige Auenwaldgebiet.

In den Vierzigerjahren befasste sich der Lysser Gemeinderat unter Gemeindepräsident Ernst Siegfried erstmals mit der zielgerichteten Industrialisierung. Im Vordergrund standen die Schaffung neuer Arbeitsplätze, der Kampf gegen eine Entwicklung zur "Schlafgemeinde" und die Hebung der Steuerkraft. 1946 kam es zu Verhandlungen wegen des Baus eines Industriestammgleises und anschliessend zu einer Offerte an die Burgergemeinde Kappelen zwecks Erwerb des Fälligriens. Erst nach dem Kauf zweier bäuerlicher Heimwesen in Kappelen und dem dadurch ermöglichten Tausch von Landwirtschaftsflächen gegen Grienboden konnte die Eingemeindung der getauschten Landflächen durchgeführt werden. Am 18. Dezember 1955 genehmigte die Lysser Bürgerschaft mit 575:38 Stimmen sämtliche Verträge. Als neue Gemeindegrenze zwischen Lyss, Kappelen und Worben legte der Grosse Rat des Kantons Bern am 20. November 1957 die heutige Autostrasse Biel—Lyss fest. 

Der Umstand, dass sich nach Abschluss der komplexen Landhandelsgeschäfte die gesamte Fläche des Industrierings in Gemeindebesitz befand, wirkte sich anschliessend bei der Verhandlung mit interessierten Industriebetrieben von Anfang an günstig aus. Ab 1956 setzte der Verkauf von Bauland oder die Einräumung von Baurechten ein.

Der Auf- und Ausbau des etwa 400 000 m2 grossen Industrierings, der heute etwa 1200 Arbeitsplätze umfasst, beeinflusste die Entwicklung der Ortschaft Lyss in den letzten Jahrzehnten bei der Bevölkerungszahl, beim Wohnungsbau, bei der allgemeinen wirtschaftlichen Entwicklung und bei der öffentlichen Bautätigkeit (Infrastrukturaufgaben) erheblich. Auf all diese Faktoren ist das Aufrücken der Ortschaft Lyss zur zweitgrössten Ortschaft des Seelandes (und zur Stadt) und zum bedeutendsten seeländischen Wirtschaftszentrum neben der Stadt Biel zurückzuführen.



Autor: Max Gribi / Quelle: 1940