Historisches Archiv der Region Biel, Seeland und Berner Jura

Wilhelm Gassmann und die Gründung des «Journal du Jura»

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In den 1860er-Jahren schlug Wilhelm Gassmann einen neuen politischen Kurs ein und näherte sich dem rechten Flügel der Radikalen. Wilhelm Gassmann, und mit ihm der «Seeländer Bote», vertraten in der Folge das im Vergleich zu den radikalen Ideen der Jahrhundertmitte etwas gemässigtere freisinnige Gedankengut. Bei den ersten - noch ohne Wahlkampf durchgeführten - Wahlen in den Bieler Stadtrat 1874 gehörte Wilhelm Gassmann zu den drei Vertretern des Grütlivereins. Als Gemeinde- und Grossrat, mit seiner Beteiligung an zahlreichen Kommissionen sowie als Major in der Armee schlug er eine Brücke zwischen Presse und Politik.
 
In den Jahren seines Wirkens blühten in Biel erstmals Handel und Industrie auf. Mit diesem Aufschwung stieg entsprechend der Bedarf an Drucksachen, und die Zeitungen fanden bedeutend mehr Abnehmer. Wilhelm Gassmann verlegte nun nicht mehr allein den «Seeländer Boten», sondern seit 1863 zusätzlich eine französischsprachige Zeitung. Das Blatt hiess zuerst «Feuille d'Avis de Bienne – Journal politique, industriel et littéraire» (das später unter dem Titel «Feuille d'Avis de Bienne et de La Neuveville» publiziert wurde). Ab 1871 erschien die Zeitung täglich - unter dem Namen «Journal du Jura» und als «Organe des libéraux jurassiens». Es hatte sich in den letzten Jahren immer deutlicher gezeigt, dass die wenigen französischen Beiträge im «Seeländer Boten» den Bedürfnissen der französischsprechenden Leserschaft nicht mehr gerecht wurden.
 
Die stetige Expansion des Unternehmens führte 1873 dazu, dass an der Dufourstrasse 17 ein neues und grösseres Verlagsgebäude bezogen wurde. Hier führte Wilhelm Gassmann bereits erste motorbetriebene Maschinen ein und gliederte eine Buchbinderei sowie eine Sortimentsbuchhandlung an. Zudem beteiligte er sich an zwei Weltausstellungen (Wien 1873 und Paris 1878) und an der Landesausstellung in Zürich 1883. Die Gründung des «Journal du Jura» fiel in eine Zeit, die stark vom Kulturkampf geprägt war. Die Zeitung stellte sich in ihren ersten Jahrgängen mit einer ausgeprägt starken Wortwahl gegen die Ultramontanen, also die papsttreuen Kräfte im katholischen Jura – insbesondere gegen deren Vertreter in Pruntrut, welche, so das damalige «Journal du Jura», wahrlich «de la pire espèce» gewesen seien.


Autor: Matthias Nast / Quelle: 2005