Historisches Archiv der Region Biel, Seeland und Berner Jura

Das Weihnachtsfest im Berner Jura

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Die Anfänge

Weihnachten als Feier der Geburt Jesu ist bei uns vermutlich in der Zeit der letzten grossen Völkervermischungen aufgekommen. Unsere Region war damals noch von der keltischen und der römischen Kultur geprägt. Das christliche Fest nahm alte Traditionen der Wintersommerwende auf, um über sie hinauszugehen. Es bewahrte den freudvollen Charakter des römischen 25. Dezembers (Natalis solis invictus), indem es dessen Botschaft der Hoffnung weiter verstaerkte. Nach und nach setzte sich der christliche Glaube durch, seine Heiligenfiguren trafen an die Stelle der keltisch-römischen Götterfiguren.

Im Mittelalter

Seit dem Mittelalter hat die Einbettung des Weihnachtsfests im Volkskalender dieser Feier vermehrt den Charakter eines Familienfests verliehen. Man folgte natürlich dem Geschehen an den heiligen Orten, welches die Kirche mit einem Bilderwerk verbreitete, das die Laien erziehen und unterhalten sollte. Zuhause aber pflegte man verschiedene Überzeugungen und Bräuche, denen man stark verbunden blieb.

Nach der Reformation

Im Jahr 1530 setzte sich in unserer Region die Reformation durch. Sie brachte den katholischen Zierat zum Verschwinden und gab dem Weihnachtsfest einen eher nüchternen Charakter. Weihnachten wurde auf die gleiche ebene wie Ostern und Pfingsten gestellt, denn das Abendmahl wurde anlässlich dieser Feiern gehalten, wie es von der bernischen Synode von 1532 festgehalten worden war. Damit repräsentierte das Weihnachtsfest einen der drei grossen Momente des Kirchenjahres. Interessant ist die Tatsache, dass das Weihnachtsfest nicht weit westlich von unserer Region für einige Jahrzehnte abgeschafft wurde. In der Herrschaft Valangin untersagte man dieses Fest, weil es Gelegenheit verschaffe, an altem Aberglauben festzuhalten. Pfarrer Abraham Bosset von Neuenstadt nahm sich vor, der Weihnachtsfeier ihre Würde und Spiritualität zurückzugeben. Daraus erwuchs ein Konflikt, der im Zusammenhang mit anderen Streitigkeiten zwischen 1658 und 1663 die Stadt prägte und schliesslich in die Exilierung des Pfarrers mündete. So wurde die Kirche sporadisch von Kontroversen erschüttert, während das Volk die Weihnacht weiterhin als Familienfest feierte, und zwar auf eine warmherzige, gastfreundliche Weise. Mehr als in jeder anderen Jahreszeit ist es möglich, ein Fest sorgfältig vorzubereiten. In den langen Dezembernächten werden verschiedene Süssigkeiten hergestellt. Zöpfe, Bisquitrollen und knusprige Waffeln werden zubereitet, damit am Weihnachtsabend alle bewirtet werden können. Man wird je nach Gelegenheit in der warmen Stube oder bei Freunden zusammenkommen. Man wird die biblischen Erzählungen wieder lesen und Weihnachtsgeschichten erzählen, dann wird man die kulinarischen Köstlichkeiten geniessen. Der Pfarrer wird auch von den Süssigkeiten erhalten.

Im 19. Jahrhundert

Im Verlauf des 19. Jahrhunderts wird auch die offizielle Weihnacht wieder auf festlichere Weise begangen. Immer mehr Pfarreien integrieren den Weihnachtsbaum in ihre Feier. Die Gemeinden oder Private stellen einen Weihnachtsbaum, der am Ort des Gottesdiensts aufgestellt wird. Die Kirche wird zum Ort einer wirklichen Feier.

Eine geheimnisvolle Figur aus ferner Vergangenheit: Die Weihnachtsdame

Handelt es sich um eine keltische Fee oder ist es eine Würdigung der Königin Berta? Im Grunde genommen ist das nicht entscheidend. Die Weihnachtsdame erschien am Abend des 24. und des 25. Dezember weiss gekleidet wie eine Braut ; mit einer kleinen Glocke kündigte sie ihre Ankunft an. Ein Schleier erlaubte ihr, vor den Kindern die Anonymität zu wahren. Sie brachte ihnen Geschenke; zuerst aber hörte sie sich ihre Verslein und ihre Lieder an und liess sie beteuern, brav zu sein und die Suppe zu essen. Im Tal von Tramlingen (Tavannes) begleitet sie einen St. Nikolaus, der mit einem Knüppel ausgerüstet ist (3). Zu den Weihnachtsdamen muss noch ergänzt werden, dass die Figuren mit den kreischenden Stimmen aus dem oberen Erguel, welche der Pfarrer Gerber erwähnt, wohl auf uralte heidnische Riten zurückgehen (4).

Einige Weihnachtsbräuche

Das führt uns dazu, einige Bräuche zur Weihnachtszeit zu erwähnen, die noch zu Beginn des 20. Jahrhunderts bei uns lebendig waren, sowohl in der Region Münster als auch im Erguel und südlich davon. Der Pfarrer Pierrehumbert beschrieb ein halbes Dutzend dieser Traditionen. Zum Beispiel das Bleigiessen: In der Weihnachtsnacht bracht man Blei zum Schmelzen, und die Formen, welche gegossen wurden, enthüllten die Zukunft. Oder man begab sich zu den Bienenvölkern, um aus dem Summen der Bienen die Geschehnisse des neuen Jahres vorauszusagen. An anderen Orten stiessen die Mädchen an die Türe des Schweinestalls. Je nach Reaktion des Schweins glaubte man zu wissen, ob der Zukünftige des Mädchens ein fröhlicher oder ein mürrischer Mann sein werde. Wenn sie einen Ast aus einem Reisigbündel rückwärtszogen, konnten sie sich sogar das Gesicht ihres künftigen Mannes vorstellen. Am 26. Dezember oder am Neujahrstag las man von zwölf meist gesalzenen Zwiebelstücken das Wetter des neuen Jahres ab. Weiss man im St-Immertal noch, dass man allen Tieren des Hofes den Sonnenaufgang des Weihnachtstages zeigen sollte, um die künftige Milchleistung der Kühe zu fördern (6)? Was man vermutlich längst vergessen hat: Die Hefe und das Weihnachtsbrot schützten Tier und Mensch vor gewissen Wirkungen der „Hexerei“.

Quellen :

1 Akten der Berner Synode von 1532, Kapitel 22. Edition de Lausanne, 1936, p. 96.

2 Charles-A Simon, Le Jura protestant de la Réforme à nos jours, Editions La Vie Protestante, 1951, pp 142 sqq

3 Charles Frey, Histoire et chronique de Malleray, Tavannes 1926, pp 246 et 247

4 Robert Gerber, Le folklore du Haut-Erguel. In: Actes de la Société jurassienne d'Emulation 1928, pp 53 et 54

5 Philippe Pierrehumbert, Folklore jurassien, In: Actes de la Société jurassienne d'Emulation 1917, pp 127 et 128



Autor: Pierre Léchot / Quelle: Fêtes légendaires du Jura bernois um 1920