Historisches Archiv der Region Biel, Seeland und Berner Jura

Liberal-konservatives Programm

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Truppen mit Reitern und Musik an der Spitze sowie Bürger, Bauern und Arbeiter – insgesamt 20 000 Mann – zogen durch die verschneiten Wälder und Dörfer. Die Konservativen versammelten sich auf der Leuenmatte. Nur 200 Meter weit entfernt, tagten die Radikalen auf der Bärenmatte. Die «Schwarzen» und die «Weissen», genannt nach den benachbarten Gasthäusern, beobachteten sich misstrauisch. Spannung lag in der Luft. Auf der Leuenmatte sangen die «Schwarzen» das Lied «Rufst du mein Vaterland», die Radikalen auf der Bärenmatte antworteten mit der «Marseillaise». Gerüchte über Truppenaufgebote und geplante Verhaftungen prominenter konservativer Führer heizten die Stimmung an.
 
Bei den Konservativen ergriff der Bieler Eduard Blösch das Wort. Er hatte bereits an der denkwürdigen Münsinger Versammlung von 1831 teilgenommen. Damals als reformfreudiger Kämpfer gegen die politische Vormachtstellung des Patriziats. Nun als Vertreter liberal-konservativer Kreise, die sich gegen die allzu ungestümen Neuerer stemmen wollten. Eduard Blösch beabsichtigte, das von ihm entworfene liberal-konservative Parteiprogramm den Vertretern aus den verschiedenen Kantonsteilen vorzustellen. Als jedoch die Radikalen von diesem Treffen in Münsingen hörten, organisierten sie an gleicher Stelle eine Gegendemonstration.
 
Vielleicht ist es der kalten Witterung zu verdanken, die einige hitzige Gemüter abzukühlen vermochte, oder die Besonnenheit der jeweiligen Führer wirkte sich beruhigend auf die Demonstranten aus – beide Veranstaltungen gingen glücklicherweise ohne nennenswerte Zwischenfälle zu Ende.


Autor: Matthias Nast / Quelle: 1848