Historisches Archiv der Region Biel, Seeland und Berner Jura

Hans Stöckli: vom Bieler Stadtpräsidenten zum Ständeratspräsidenten

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Hans Stöckli wurde am 12. April 1952 geboren. Er besuchte in Biel das Wirtschaftsgymnasium und studierte anschliessend in Bern und Neuenburg. Nach dem Studienabschluss in Journalistik und als bernischer Fürsprecher führte er ab 1978 bis zu seiner Wahl zum damals jüngsten Gerichtspräsidenten des Kantons Bern ein eigenes Büro. Von 1981 bis 1990 arbeitete Stöckli als Gerichtspräsident von Biel und Suppleant am Bernischen Obergericht. Sein letztes Urteil als Richter fällte er als ausserordentlicher Präsident der 1. Strafkammer des bernischen Obergerichtes im Sommer 1990 im Strafverfahren gegen die Justizia-Brunnen-Attentäter in der Berner Altstadt.

1980 wurde der damals 28-jährige Sozialdemokrat der bisher jüngste Bieler Stadtratspräsident. Im Juni 1990 wurde er zum Finanzdirektor gewählt. Am 23. September 1990 trat er nach einer erfolgreichen öffentlichen Wahl auch das Amt des Stadtpräsidenten als Nachfolger von Hermann Fehr an. 1992 und 1996 wurde er in stiller Wahl wiedergewählt. Im Jahre 2000 setzte er sich im ersten Wahlgang gegen die Herausforderer Hubert Klopfenstein (FDP) und Jürg Scherrer (FPS) durch. Auch 2004 schaffte er die Wiederwahl glanzvoll.

"Sparen und investieren" war 1990 Stöcklis Heilmittel für das angeschlagene Biel. Aus Eigenmitteln investierte die Stadt in der Folge jährlich um die 15 Millionen Franken in die Infrastruktur. Stichworte dazu sind die Sanierung des Kongresshauses, die Neugestaltung der Hafenanlage oder der Bau der neuen Fussgängerpassage zwischen Bahnhof und Seeufer. Bemerkenswert: Die Stadt hat trotz der erheblichen Investitionen die Steuern senken und die Schulden reduzieren können, nicht zuletzt dank dem Verkauf von Land und Infrastruktur an den Kanton Bern.

Stöckli ist ein begnadeter Kommunikator und Strippenzieher. Er gilt als Macher und geniesst über alle politischen Lager Anerkennung. Er hat Biel in den Jahren um die Jahrtausendwende wesentlich geprägt: Dank ihm erstrahlt die Innenstadt heute in neuem Glanz. 2004 gewann Biel den Wakkerpreis. Tausende neue Arbeitsplätze wurden geschaffen, vorab in der Kommunikationsbranche. Auf Industriebrachen wurden moderne Wohnquartiere aus dem Boden gestampft.

Stöcklis Steckenpferd sind Landesausstellungen: Als Jugendlicher besuchte er die Expo64 in Lausanne und wurde vom Expo-Fieber gepackt. Der historisch Interessierte sammelte im Laufe der Jahre haufenweise Material über die Vorgängerinnen der Expo.02. Dass diese dereinst gar in seinem geliebten Biel, mit ihm als Stadtpräsident stattfinden würde, liess er sich damals noch nicht träumen.

Auch nach der Expo.02 wurde es dem Vollblutpolitiker nicht langweilig: Zuerst missglückte ihm der Sprung in den Nationalrat. Ins Berner Rathaus schaffte er es im März 2002 dank seiner gradlinigen Politik mit links. Dort setzte er sich für einen Sonderstatut für den zweisprachigen Amtsbezirk Biel ein. 2003 startete er einen erneuten Anlauf unter die Bundeshauskuppel - und schaffte es wieder nicht. Doch kurz darauf war ihm das Glück hold. Nationalrat Rudolf Strahm wurde neuer Preisüberwacher - und wessen Name stand zuoberst auf der Ersatzliste der Sozis? Jener des politischen Tausendsassa Hans Stöckli.

Im September 2007 schaffte Hans Stöckli die Wiederwahl als Nationalrat. Im Dezember des gleichen Jahres landete er seinen grössten Coup seit der Expo.02. Das Bieler Stimmvolk gab mit 72 Prozent Ja-Stimmen grünes Licht  zu den Stades de Bienne im Bözingenmoos, einem Sporttempel für die Eishockeyaner und Fussballer mit kommerzieller Mantelnutzung.  Bauen soll das 250-Millionen-Projekt der Generalunternehmer HRS. Buchhalterische Kosten für die Stadt: angeblich 0 Franken... Bei den Gemeindewahlen im Herbst 2008 trat Stöckli erneut als Stadtpräsident an. Weit und breit war kein Konkurrent in Sicht und so wurde der "Sonnenkönig von Biel" mit 80 Prozent der Stimmen im Amt bestätigt.

In den letzten Jahren seiner Präsidentschaft bläst Stöckli zunehmend ein steifer Wind ins Gesicht. Die Finanzkrise ab 2008 schlägt auf die Bieler Finanzen durch, das Projekt Stades de Bienne kommt nicht vom Fleck, der Generalunternehmer HRS bringt die benötigten Mieter für die Mantelnutzung nicht an Bord. Kritiker monieren, dass Stöckli die Bieler Quartiere und die Schulhäuser vernachlässige und seine Kräfte für Prestigeprojekte verwende. Ende 2010 tritt Stöckli zurück und hinterlässt seinem Nachfolger Erich Fehr ein zwiespältiges Erbe.  

Im Nationalrat schimmert Stöcklis rote Unterwäsche durch: bei der Abwahl des verhassten Bundesrates Christoph Blocher (SVP) applaudiert Stöckli an vorderster Front. Als Mitglied des Club Hélvétique versucht er die positiven Volksentscheide zur Minarett- und Ausschaffungsinitiative zu untergraben. So virtuos Stöckli mit den lokalen Medien jongliert, so blass bleibt er auf nationaler Ebene. Als Mitglied der Staatspolitischen Kommission zerriss er keine Stricke, für das Seeland konnte er in vier Jahren nur wenig erreichen.

Umso bemerkenswerter ist Hans Stöcklis jüngster Coup:  Im November 2011 schafft er im zweiten Umgang die Wahl in den Ständerat. Obwohl im Restkanton kaum bekannt, kippt er den Oberländer Adrian Amstutz (SVP) aus dem Amt. Wochenlang tingelt er durch den Kanton Bern, kreuzt mit seinen Kontrahenten die verbale Klinge, trifft sich mit Kulturschaffenden und Gewerblern. In der Berner Dampfzentrale veranstaltet seine Wahl-Crew einen riesigen Wahl-Event, geschickt nützt er die neuen elektronischen Medien wie Facebook und youtube. Er schart die Seeländer Gemeindepräsidenten und bekannte Wirtschaftsvertreter hinter sich, die Grünen unterstützen ihn vorbehaltlos. Am 12. Dezember 2011 wird der neue Berner Ständerat Hans Stöckli vereidigt. Am 15. November 2015 gelingt ihm mit 159 974 Stimmen die Wiederwahl als Berner Standesvertreter, eine zweite Wiederwahl gelingt ihm am 18. 11. 2019 mit 157 750 Stimmen. Am 2. Dezember 2019 wird Hans Stöckli mit 39 von 41 Stimmen zum Ständeratspräsidenten gewählt. Im Rat gilt er als moderater Sozialdemokrat, auch in Wirtschaftskreisen wird ihm Sympathie entgegengebracht. 

 



Autor: Hans-Ueli Aebi / Quelle: 2017