Historisches Archiv der Region Biel, Seeland und Berner Jura

Paul Kipfer

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Paul Kipfer wurde am 11. März 1905 in Biel geboren. Er besuchte das Gymnasium in Biel und studierte anschliessend an der ETH in Zürich Mathematik und Physik. Nach seinem Abschluss nahm er eine Assistenzstelle bei Professor Auguste Piccard an. Piccard, seinerseits Schweizer Staatsbürger, forschte und lehrte an der Freien Universität in Brüssel.

Überzeugt davon, dass das Überleben in der Stratosphäre eine unter Druck gesetzte Kabine erfordert, hatte Piccard 1930 mit der Planung einer entsprechenden kugelförmigen Aluminiumgondel begonnen. Die eigentliche Arbeit seines Assistenten Paul Kipfer bestand zwar in der Erforschung der Röntgenstrahlung, in seiner Freizeit arbeitete Kipfer jedoch mit Piccard an dessen Vorbereitungen zu einem Stratosphärenflug.

Am 27. Mai 1931 war es soweit: Auguste Piccard und Paul Kipfer flogen in ihrem Ballon von Augsburg in Deutschland Richtung Stratosphäre. Der Start gestaltete sich etwas überstürzt, wie Piccard erzählte: «Um 03.57 Uhr sagt Kipfer, durch eines der Bullaugen blickend, zu mir: ‹Ein Fabrikschornstein geht unterhalb von uns vorbei!› Man hatte den Ballon losgelassen und vergessen, uns, wie vereinbart, den Start mitzuteilen!» Der Ballon erreichte innert kurzer Zeit die erstaunliche Höhe von 16 000 m - niemand hatte je zuvor die Erde aus einer solchen Distanz betrachtet. Nach einigen Stunden wollten Piccard und Kipfer zum Abstieg ansetzen, doch dies erwies sich als unmöglich: Die Reissleine des Ballons hatte sich mit einem Haltetau verwickelt, so dass kein Wasserstoff mehr freigelassen werden konnte, um den Ballon zum Sinken zu bringen. Die Wissenschaftler mussten den Abend, die kühlere Temperatur abwarten. Dank dem, dass Piccard mehr als genug Sauerstoff mitgenommen hatte, überlebten die beiden Forscher die unvorhergesehene Verzögerung und landeten siebzehn Stunden nach dem Start auf dem Obergurgl-Gletscher im Ötztal.

Nach ihrer Ankunft wurde den Forschern von allen Seiten zugejubelt. Selbst berühmte Wissenschaftler wie Einstein und Bohr sandten Glückwünsche, ebenso der Bundesrat und der Bieler Stadtpräsident Guido Müller. Kein Wunder: Der Flug diente nicht nur der Erforschung der kosmischen Strahlung und Radioaktivität, sondern sollte auch abklären, ob Flugzeuge in eine Höhe bis 15 000 m aufsteigen können, um ihre Geschwindigkeit von 200 auf 600 km/h zu steigern - heute eine Selbstverständlichkeit im Luftverkehr. Der damals erst 26-jährige Paul Kipfer wurde zum Ehrenbürger der Stadt Biel ernannt. Zusammen mit Piccard wurde Kipfer in Biel ein pompöser Empfang bereitet.

Nach dem Zweiten Weltkrieg setzte sich Kipfer für die Gründung eines Institutes für Kernphysik an der Universität Brüssel ein und leitete dieses später. 1945 wurde er an der Universität Brüssel zum ordentlichen Professor ernannt. 1958/1959 wagte er sich erneut an ein Abenteuer und nahm an einer belgischen Antarktisexpedition teil. Paul Kipfer starb 1980.



Autor: Manuela Di Franco / Quelle: 1900