Historisches Archiv der Region Biel, Seeland und Berner Jura

Die Ankunft der Internierten

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Die Erinnerung eines direkt Betroffenen:

"Es herrscht pechschwarze Nacht. Wir marschieren übermüdet und durchnässt und glauben noch immer, das Pfeifen der Granaten zu hören. Doch seit einigen Minuten sind wir in der Schweiz! Im Dunkeln folgen wir einem schmalen Pfad, der in vielen Windungen in die Tiefe des Waldes vordringt. Nach einem uns lang erscheinenden Marsch halten wir, plötzlich scheinen alle unbeweglich. Diesem Halt ist mit keinem Befehl beizukommen.

Meine Männer rufen: „Lichter!“

Beim Verlassen des Waldes, ganz unten, sehen wir auf das Dorf Soubey, wie die Ziege des Herrn Séguin auf ihr altes Haus geblickt hatte. Die Lichter erlauben, dieses Dorf in der Nacht  zu erkennen. Und auf dem Berg, überall, von allen Seiten,  erstrahlen weitere Lichter.  Lichter! Seit Monaten wussten wir nicht mehr, was ein nicht verdunkeltes Dorf ist. Unsäglich unsere Freude, das Gefühl, mit dem wir dich wiedersehen, o Helligkeit! In tiefer Faszination betrachten wir diese Lichter, Zeugen des Lebens. Wir kommen aus dem Dunkel, aus einem Alptraum, und gehen der Ruhe, dem Leben entgegen. Und ihr, die kleinen, in der Nacht verstreuten leuchtenden Punkte seid es, die uns das verkünden!“

Leutnant André Faudot, Lager Mörigen (Seeland)

Quelle: "Tels qu'ils nous ont vus - les internés en Suisse, 1940-41", Genf, 1940

Ein Pressebericht:

"In den Grenzdörfern und Grenzstädtchen tat man für die Unglücklichen, was möglich war. Viele fanden bei Privaten Unterschlupf. Wo die Truppen vorbeizogen, wurden sie mit Getränken bewirtet, mit Kleinigkeiten beschenkt. Am Donnerstag, als längst der Strom verebbt war, sahen wir in Tavannes immer noch eine Zeile Mädchen auf den Bänken geduldig der Ankömmlinge harren, in der einen Hand die Tasse oder das Glas, in der anderen den Krug.

Silberpapier und Zigarettenhüllen säumten die Strasse über die Pierre Pertuis. Fast alle Wagen auf dem Neumarktplatz in Biel trugen in französischer Sprache Aufschriften wie "Es lebe die Schweiz", "die Franzosen danken der Schweiz" oder "herzlichen Dank für den guten Empfang".

"Bieler Tagblatt" vom 22. Juni 1940


Eine frühe Kindheitserinnerung:

"Ab und zu kam der Krieg auch zu uns. Ich erinnere mich, ich muss drei Jahre alt gewesen sein, als endlose Kolonnen von französischen, polnischen und marokkanischen Soldaten eine Nacht und einen Tag lang durch unsere Stadt und unweit unserer Siedlung vorbeifuhren. Sie waren an der französisch-schweizerischen Grenze im Jura von einer deutschen Armee eingekesselt worden und ergaben sich nun den Schweizern, die sie entwaffneten und ins Landesinnere in die Internierung fahren liessen. Die Peugeot-Autos der französischen Armee gefielen mir wegen ihrer runden Formen, die Marokkaner hatten Turbane auf und einer der fremden Muslime besass ein zahmes Äffchen, das sich in einem Taschenspiegel betrachtete. Der Zug der Soldaten hielt oft an und dann dauerte es eine halbe oder eine ganze Stunde, bis er weiter zog. Wir Kinder des Quartiers und die Mütter standen dabei und stillten unsere Neugier."

Aus: Daniel Andres, Mösli Eine Kindheit, Verlag die brotsuppe, Biel 2004




 

 



Autor: Diverse / divers / Quelle: Diverse 2010